Direkt zum Inhalt
Regenbogen-Flaggen beim ESC 2025 verboten: Was soll das? © unsplash.com
Rubrik

Wie kam es zu diesem Verbot? Regenbogen-Flaggen beim ESC 2025 verboten: Was soll das?

Redaktion - 09.05.2025 - 12:00 Uhr
Loading audio player...

Es gibt Entscheidungen, die wirken auf den ersten Blick so befremdlich, dass man sich fragt, ob man vielleicht irgendetwas übersehen hat. Der Eurovision Song Contest – diese alljährliche Pop-Oper der Exzentrik – soll beim nächsten Mal auf politische Symbole verzichten. Und damit auf eines seiner auffälligsten: die Regenbogen-Flagge. 

Es ist ein Symbol, das eigentlich längst zur Grundausstattung der ESC-Ästhetik gehört wie Windmaschinen und dramatische Modulationen in der letzten Strophe. Doch 2025 ist anders. Plötzlich steht nicht das Glitzer-Outfit im Rampenlicht, sondern ein Verbot, das Fragen aufwirft. Viele Fragen.

 

Wie kam es zu diesem Verbot – und warum gerade jetzt?

Der ESC 2025 bringt Menschen aus ganz Europa zusammen – das betont auch Lapalingo im Rahmen seiner Glücksspiel-Bonusaktion. In diesem Jahr findet das Event in der Schweiz statt – einem Land, das sich traditionell neutral gibt und sich gern als diplomatische Vermittlerin zwischen den Fronten versteht. Umso überraschender wirkt es, dass ausgerechnet hier ein Verbot ausgesprochen wird, das international Wellen schlägt.

Die Entscheidung geht jedoch nicht primär von den Schweizer Behörden aus, sondern von der Europäischen Rundfunkunion (EBU), die ihren Hauptsitz in Genf hat und als Veranstalterin maßgeblich für die Regeln des Wettbewerbs verantwortlich ist. Von dort heißt es, man wolle den ESC frei von politischen Symbolen halten, um den Fokus auf die Musik zu lenken und mögliche Kontroversen im Keim zu ersticken.

Was auf dem Papier nach Harmonie klingt, fühlt sich in der Praxis allerdings nach einem Rückschritt an – gerade bei einem Wettbewerb, der sich über Jahrzehnte hinweg als Bühne für Vielfalt und Ausdruck verstanden hat. Dass ausgerechnet die EBU, die immer wieder für Weltoffenheit geworben hat, nun eines der sichtbarsten Symbole queerer Identität aus dem Bild verbannt, wirkt wie ein Bruch mit der eigenen Geschichte.

 

Der ESC und seine Geschichte mit der Regenbogen-Flagge

Der Eurovision Song Contest war nie bloß ein Gesangswettbewerb. Er war immer auch Bühne für all jene, die im grauen Alltag oft untergehen. Hier durfte sich zeigen, was anders ist. Queerness war dabei kein Randthema, sondern zentraler Bestandteil – von Dana International bis Conchita Wurst. Die Regenbogen-Flagge wehte nicht nur im Publikum, sie stand sinnbildlich für das Lebensgefühl des ESC selbst.

Die Entscheidung, dieses Symbol zu verbannen, trifft also mitten ins Herz einer Community, die den Wettbewerb seit Jahrzehnten prägt, mitgestaltet, bejubelt. Nicht wenige fragen sich nun, ob der ESC sich selbst verrät – oder ob man schlicht vergessen hat, woher man kommt.

 

Welche Symbolik steckt hinter dem Verbot?

Die Regenbogen-Flagge steht längst nicht mehr nur für sexuelle Vielfalt. Sie ist ein Statement für Offenheit, Gleichberechtigung, gesellschaftliche Fortschrittlichkeit. All das, was in politischen Debatten rund um Gender und Identität zunehmend polarisiert.

Ein Verbot dieser Flagge, gerade beim ESC, ist daher nicht einfach ein Akt der Neutralität. Es wirkt wie ein Rückzieher. Als wolle man nicht anecken, indem man lieber alle Zeichen tilgt, die als „Haltung“ gedeutet werden könnten. Doch wer alle Haltung entfernt, auch die rund um Menschenrechte, entfernt am Ende auch das Profil.

Zudem schwingt in dieser Entscheidung ein gefährliches Signal mit: dass bestimmte Ausdrucksformen verzichtbar seien, wenn sie unbequem werden. Sichtbarkeit wird zur Verhandlungsmasse – genau das ist es, was viele an dieser Entscheidung kritisieren.

 

Politisch ist immer nur das, was unbequem wird

Die Behauptung, man wolle den ESC „entpolitisieren“, wirkt fast schon zynisch, wenn man bedenkt, wie oft genau das Gegenteil erlaubt oder sogar bejubelt wurde. Solidaritätsbekundungen für die Ukraine, kritische Texte gegen autokratische Regime, Statements für den Frieden – alles längst geschehen, alles öffentlich und sichtbar.

Warum also jetzt die Rückwärtsrolle? Warum ausgerechnet bei einem Symbol, das im Grunde für Respekt und Vielfalt steht – und das nie gegen jemanden gerichtet war? Die Erklärung liegt wohl weniger in der Flagge selbst als im Wunsch, es möglichst niemandem recht machen zu müssen. Wer keine Kanten zeigt, läuft eben auch nicht Gefahr, anzuecken.

 

Die neue Symbolpolitik im Überblick

Die Regularien für 2025 sind eindeutig. Offizielle Nationalflaggen sind weiterhin erlaubt – sofern sie zum Teilnehmerland gehören. Symbole, die als „politisch oder provokativ“ gelten, hingegen nicht. Und dazu zählt nun auch die Regenbogenfahne.

Was als „provokativ“ gilt, liegt dabei im Auge der Veranstalter. Genau hier beginnt das eigentliche Dilemma. Denn eine klare Linie ist kaum erkennbar. Wieso darf ein Land seine Nationalfarben präsentieren, während ein Symbol für Menschenrechte als „zu politisch“ gilt… und obwohl aktuelle Umfragen zeigen, dass homo- und bisexuelle Menschen bis heute Diskriminierung erleben?

Die Gefahr liegt auf der Hand: Wenn die Grenze zwischen politisch und unpolitisch derart willkürlich gezogen wird, entsteht Willkür. Und mit ihr die Frage, welche Werte künftig überhaupt noch sichtbar sein dürfen – und welche besser unter dem Radar bleiben sollten.

 

Reaktionen aus der Community: Zwischen Enttäuschung und Boykottgedanken

Die ESC-Fangemeinde reagiert – gelinde gesagt – irritiert. Vor allem queere Aktivistinnen und Aktivisten sehen das Verbot als Affront. In sozialen Netzwerken ist von „Zensur“ die Rede, von einem „Rückschritt in die 90er“.

Manche sprechen sogar von Boykott. Andere rufen dazu auf, dennoch Regenbogenfarben zu tragen – ob in Kleidungsstücken, Make-up oder auf Plakaten. Der kreative Widerstand hat längst begonnen, und wie jedes Jahr wird das ESC-Publikum vermutlich Wege finden, sich Gehör zu verschaffen. Nicht durch Lautstärke, sondern durch Präsenz.

 

Und was bleibt? Der ESC im Spagat zwischen Show und Haltung!

Der Eurovision Song Contest steht vor einer Weggabelung. Auf der einen Seite das Bestreben, politische Spannungen zu vermeiden. Auf der anderen die Verantwortung, ein Raum zu bleiben, in dem Vielfalt nicht nur toleriert, sondern gefeiert wird.

Das Verbot der Regenbogenfahne mag aus Sicht der Organisatoren ein pragmatischer Schritt sein. Doch für viele fühlt es sich an wie ein Rückschritt – nicht, weil das Symbol wichtiger wäre als die Musik, sondern weil es für ein Versprechen steht, das nun zu bröckeln scheint.

Vielleicht ist genau das die unbequeme Wahrheit: Dass ein Wettbewerb, der jahrzehntelang so stolz auf seine Offenheit war, nun beginnt, sich selbst zu zensieren. Und dass am Ende gar nicht die Fahne das Problem ist, sondern die Angst vor der Bedeutung, die sie trägt. 

Hierbei handelt es sich – ebenso wie bei den aktuellen Entwicklungen rund um die Streichung von CSD-Geldern auf Anweisung des US-Präsidenten – um eine Zäsur, mit der sich die queere Community in Zukunft sicherlich noch eingehend auseinandersetzen wird.

Auch Interessant

Comeback der Scissor Sisters

Erfolgreicher Tourauftakt

Die Scissor Sisters sind wieder da! Bei ersten Konzerten wurde die Kultband frenetisch gefeiert, nun touren sie durch die USA inklusiver neuer Songs.
Sarah Connor und schwule Jungs

Neues Album mit LGBTIQ+-Bezügen

Sarah Connor geht mit einem neuen Album an den Start und betont ihre besondere Beziehung zur Community, die in puncto Bezeihungen Heteros voraus sei.
Musik

SYML – Nobody Lives Here

SYML veröffentlicht am 04. April sein viertes Studioalbum unter dem Titel „Nobody Lives Here“. Mit insgesamt 11 Tracks entführt uns der Singer...
Musik

Jennie bringt uns „Ruby“

Jennie, bekannt als Teil der K-Pop-Gruppe Blackpink, veröffentlichte vor kurzem ihr erstes Soloalbum mit dem Titel „Ruby“. Das Album beinhaltet 15...
New Single Dreamboy zelebriert Verlangen

Das Spiel mit dem männlichen Körper

Lil Nas X setzt mit seiner neuesten Single „DREAMBOY“ ein klares Statement – provokant, sexy und voller queerer Energie.
Gay-Lovestory von Elton John

Neues Musikvideo verzückt Community

Ein Videoclip mit Suchtcharakter: Zwei schwule Jungs feiern das Leben und landen verliebt küssend im Bett - das Musikvideo zu Elton Johns neustem Song
4. Studioalbum des Popstars

Fans sind in heller Aufregung

Troye Sivan hat bestätigt, dass er an einem neuen Album arbeitet, das für 2025 geplant ist und das vierte Studioalbum des Popstars sein wird.
Ein Song speziell für Gay-Kids

Neue Single von Sir Elton John

Kurz vor dem neuen Album erfreuen uns Elton John und Brandi Carlile mit einer besonderen, zweiten Singleauskopplung - speziell für Gay-Kids!
Musik

Jacob Collier

Jacob Colliers "Djesse Vol. 4 – The Deluxe Album" wird am 28. Februar – also genau ein Jahr nach dem Original-Album – veröffentlicht.